Ein Mann ist keine Altersvorsorge


 
Zum diesjährigen Equal Pay Day findet eine Lesung mit Helma Sick statt.

(ir) Am Samstag, 18. März ist heuer der Equal Pay Day. Das bedeutet rein rechnerisch arbeiten Frauen in Deutschland in diesem Jahr bis zum 18. März umsonst – erst danach wird eine Gleichheit des Jahreseinkommens erzielt.

Aus Anlass des Equal Pay Day gibt es am Dienstag, 21. März, um 19:00 Uhr in der Stadtbücherei im Herzogskasten eine Lesung mit Helma Sick, Autorin des Buches „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“.
Der Eintritt ist frei, eine vorherige Anmeldung per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder per Telefax an die Nummer (0 89) 51 55 52-44 ist erforderlich.

Den Equal Pay Day gibt es seit 1966 in den USA, seit 2008 auch in Deutschland. Damals fand er noch am 15. April statt – es wurden seitdem klar erkennbare Verbesserungen erreicht – dennoch fehlen immer noch 77 Tage bis eine gleiche Bezahlung erreicht wäre.

Es gibt vielfältige Gründe, warum Frauen ein geringeres Gehalt als Männer beziehen. Primär handelt es sich nicht um diskriminierendes Verhalten der Arbeitgeber. Verschiedenste Forschungsaufträge des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben sich mit dem Thema befasst.



In tarifgebundenen Berufen werden Männer und Frauen gleich eingestuft. Jedoch gibt es darüber hinaus mehrere Gründe, warum Frauen in der Summe weniger Geld verdienen als Männer und somit auch verstärkt von Altersarmut bedroht sind.

Frauen entscheiden sich häufiger für Berufe im sozialen Sektor. Diese Tätigkeiten sind meistens schlechter bezahlt als vergleichbare Berufe im technischen Bereich. Vergleichbare „männliche“ Berufe sind also besser bewertet als klassische Frauenberufe. Die Gehälter in sozialen Berufen „kranken“ daran, dass diese Tätigkeiten früher von Frauen unentgeltlich ausgeübt wurden – und man den Beschäftigten unterstellt, sie würden doch dieses Arbeit aus Altruismus verrichten und nicht „des Geldes wegen“.

Eine Neubewertung von vielen Berufen ist somit unumgänglich. Eine Altenpflegerin trägt nicht weniger Verantwortung als ein Bandarbeiter in der Industrie – eher im Gegenteil – ist aber deutlich schlechter bezahlt. Es sollte natürlich nicht in die Richtung gehen, dass technische Berufe abgewertet werden und dann keine Berufssparte mehr eine Familie ernähren kann. Leider müssen schon heute viele Menschen ergänzend Leistungen aus dem Arbeitslosengeld 2 beantragen, um überleben zu können, obwohl sie berufstätig sind. In Ingolstadt sind dies aktuell 1.107 Personen davon 60 Prozent Frauen. Zusätzlich erhalten 106 Personen, davon 34 Prozent Frauen, aufstockende Leistungen vom Jobcenter, da das Arbeitslosengeld 1 nicht ausreicht.

Erst die Einführung des Mindestlohns 2015 reduziert die Lücke, da der Mindestlohn insbesondere zur Anhebung von Löhnen in Berufen gesorgt hat, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Trotzdem gehört der Friseurberuf mit einem Durchschnittsjahreseinkommen von 17.000 Euro einer der am schlechtesten bezahlten Berufe.

Destatis ermittelte, dass im Osten der Gender Pay Gap bei 9 Prozent, im Westen bei 23 Prozent liegt, da historisch gewachsen im Osten des Landes Frauen häufiger in technischen Berufen tätig sind und häufiger beide Elternteile in Vollzeit berufstätig sind.

Frauen müssen ermutigt werden auch technische Berufe zu ergreifen – Männer auch soziale Berufe attraktiver zu finden. Noch immer geht man davon aus, dass die Berufe der Männer besser bezahlt werden müssen, da sie eine Familie ernähren können sollten. Vielleicht würden mehr Männer in sozialen Berufen bewirken, dass diese Berufe höher bewertet würden? Ein weiterer Faktor, der zur Verringerung des Gesamteinkommens bei Frauen führt stellt der WSI-Report dar: Nur sechs Prozent Väter arbeiten in Teilzeit, jedoch 70 Prozent der Mütter.

Es muss noch einiges passieren, damit wir irgendwann den Equal Pay Day am 1. Januar feiern können. Um Veränderungen zu erreichen, müssen viele kleine Schritte gegangen werden. Dabei sind Männer und Frauen gleichermaßen gefragt, Stereotype und Rollenbilder müssen sich verändern und es muss das Tabuthema Geld angesprochen werden.



Frauen sind heute so gut ausgebildet wie nie zuvor. Sie können theoretisch alles werden: Nobelpreisträgerin, Top-Managerin oder Bundeskanzlerin. Und trotzdem stehen immer noch die gleichen Fragen im Raum wie früher:

Warum arbeiten so viele Frauen im Minijob? Warum erhalten Frauen so wenig Rente? Warum sind sie so oft finanziell abhängig von ihrem Partner und zahlen bei Scheidungen drauf? Und wie kann die zumeist unsichtbare Sorgearbeit von Frauen für Kinder und im Pflegefall besser anerkannt, aufgeteilt bzw. staatlicherseits übernommen werden?

Helma Sick räumt in ihrem Buch „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ auf mit Illusionen, Vorurteilen und falschen Anreizen. An konkreten Beispielen zeigt sie, was überholte Rollen-vorstellungen im Leben von Frauen anrichten können – und was die Politik, aber auch die Frauen selbst dagegen tun können.

In Kooperation zwischen den Gleichstellungsbeauftragten Anja Assenbaum und Barbara Deimel mit dem Bayern Forum der Friedrich Ebert Stiftung findet am Dienstag, 21. März um 19:00 Uhr in der Stadtbücherei Ingolstadt, Hallstraße 2, eine Lesung und anschließende Diskussion mit Helma Sick, Gründerin und Inhaberin des Beratungsunternehmens „frau und geld“, Autorin von Finanzratgebern und Kolumnistin für Brigitte und Brigitte Woman statt. Es moderiert Vera Cornette vom Bayerischen Rundfunk.
Der Eintritt ist frei.

An dem Abend wird außerdem die Wanderausstellung „Minijob? Da geht noch mehr!“ der Bundesagentur für Arbeit zu sehen sein. Die Ausstellung ist während der Woche vom 20. bis 24. März im Sozialen Rathaus, Adolf-Kolping-Straße 10, zu sehen.