Reform: Kliniken bereiten sich vor

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Zusammenarbeit in der Region sowie Ambulantisierung sinnvoll und notwendig – Gespräche laufen.

(ir) 60 Prozent der deutschen Kliniken schreiben rote Zahlen – auch die Kliniken im Naturpark Altmühltal. Rund 19,4 Millionen Euro muss Landrat Alexander Anetsberger in diesem Jahr aus dem Kreishaushalt nehmen, um das Defizit der Kliniken auszugleichen. Die Gründe dafür liegen im deutschen Krankenhaussystem, der steigenden Zahl ambulanter Behandlungen sowie den Auswirkungen von Corona.



Ein weiterer Grund für die negative Bilanz ist der fehlende Inflationsausgleich: Heizkosten, Nahrungsmittel, Material, Medikamente – alles wurde in den letzten zwei Jahren sprunghaft teurer. Weder die Krankenkassen noch Bund oder Länder haben diese Mehrkosten ausgeglichen. „Es fehlt schlichtweg Geld im System“, erklärt Klinikchef Marco Fürsich.



Umso genauer beobachten der Landrat und der Klinikvorstand die Debatte, die im Herbst im Berliner Bundestag ansteht. Dann wird über die Reform der deutschen Krankenhauslandschaft diskutiert und entschieden. „Für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum geht es dann ums Ganze“, erklärt Anetsberger. Denn die Ansätze von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur Reform der Krankenhäuser seien gut, aber es fehle gerade für den ländlichen Raum an Praxisbezug. „Mir ist an einer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Versorgung für die Menschen im Landkreis Eichstätt gelegen“, so der Landrat.



Und da hapere es beim Konzept des Gesundheitsministers noch. Es könne laut Landrat nicht angehen, dass die Menschen aus Kinding, Kipfenberg oder Dollnstein bis nach Dachau oder noch weiter fahren müssen, wenn es um eine Hüft-OP oder eine Krebsbehandlung gehe. Anetsberger hat der Diskussion in Berlin vorgebaut. Bereits seit drei Jahren arbeitet er zusammen mit dem Klinikvorstand an der „Agenda 2030“.



„Wir haben bereits 2020 angefangen, uns zukunftsfähig aufzustellen“, erklärt Anetsberger. Marco Fürsich geht weiter ins Detail: Man habe die Strukturen in den beiden Häusern in Eichstätt und Kösching durchleuchtet und optimiert. Darüber hinaus gelte es, in der Region nach Verbündeten zu suchen. „Wir werden in unseren Häusern nicht mehr alle Leistungen anbieten können, die wir gerne anbieten würden“, so Fürsich. Er spielt damit auf die sogenannten Leistungsgruppen an. Künftig brauchen Krankenhäuser für bestimmte Medizingebiete eine Zulassung, um überhaupt noch Leistungen anbieten und abrechnen zu dürfen.



Das sei auf dem Papier ein guter Ansatz, denn wenn sich eine Klinik auf bestimmte Herz-OPs spezialisiert und täglich drei solcher Eingriffe vornimmt, steigen sowohl die Qualität der Behandlung, als auch die Effizienz in der Vor- und Nachbereitung. „Aus unserer Sicht brauchen wir in der Region Verbündete, die zusammenarbeiten und sich nicht als Konkurrenten verstehen. Die Kliniken in den Landkreisen können überleben, wenn wir uns Schwerpunkte suchen und den anderen ebenso Schwerpunkte ermöglichen“, so Fürsich.



Anetsberger und Fürsich wollen ein zukunftsfähiges Netz knüpfen. „Mit der Diskussion im Bundestag nimmt das Thema noch einmal deutlich an Fahrt auf“, ist sich Marco Fürsich sicher. Deshalb gilt es jetzt in der Region Gespräche zu führen, die Vorgaben aus Berlin zu beobachten und aktiv die Rolle der Kliniken im Naturpark Altmühltal zu gestalten.



Durch die jetzt diskutierten Änderungen in der Krankenhauslandschaft würden die Strukturen für die nächsten Jahre vorgegeben. „Wir haben viele Bestandteile der Reform erahnt und festgestellt, dass eine massive Bettenreduktion bis hin zu einer Schließung beider Klinken im Landkreis droht, wenn wir uns nicht frühzeitig anpassen. Daher haben wir vorgearbeitet und uns auf die Reform vorbereitet“, so Klinikchef Fürsich.



Es wurden Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gegründet, die am Klinikstandort in Kösching und in Beilngries bereits ambulante Behandlungen und Eingriffe erlauben. Der Trend zur ambulanten Behandlung sei ungebrochen. Die Menschen kämen morgens, ließen einen Eingriff durchführen und gingen am Abend wieder nach Hause. Das bedeute für die Menschen mehr Lebensqualität und bessere Heilungschancen, denn zu Hause erhole man sich üblicherweise schneller.



Der Trend zeige deutlich, dass bayernweit künftig weniger Krankenhausbetten gebraucht würden. Die Kliniken im Naturpark Altmühltal nutzen die Entwicklung mit ihren MVZ. „Hier können wir wieder Behandlungen vornehmen, die aus dem Leistungsspektrum des Krankenhauses weggefallen sind“, erklärt Marco Fürsich. Das bringe für die Menschen Vorteile, weil die Wege zur Behandlung kurz sind. Gleichzeitig ergeben sich Vorteile für die Notaufnahmen in den Kliniken. Stellt sich heraus, dass es sich bei einem Patienten nicht um einen Notfall handelt, kann dieser direkt im MVZ behandelt werden.







 

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