Was wird aus dem ärztlichen Notdienst?


 
Schrobenhausens Bürgermeister war auf einer Infoveranstaltung in Deggendorf, über die er berichtet.

(ir) Heute erreichte unsere Redaktion das „Blitzlicht der Woche“ von Schrobenhausens Bürgermeister, das wir nachfolgend veröffentlichen:

„Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

auf Einladung des bayerischen Facharztverbandes (BFAV) habe ich an einer Infoveranstaltung in Deggendorf zum Thema ‚Ärzte für die Region - Bereitschaftsdienstreform in Bayern‘ teilgenommen. Die Fahrtstrecke von 340 Kilometer sowie die dadurch bedingte Absage meiner Teilnahme an der Sitzung des Kreisausschusses war mir diese Teilnahme wert.

Zum Hintergrund: Die kassenärztliche Vereinigung in Bayern (KVB) hat angekündigt, im kommenden Jahr 2018 den Bereitschaftsdienst in ganz Bayern neu zu regeln. Demnach wird Bayern in 110 Bereitschaftsbezirke aufgeteilt. Dabei wird Schrobenhausen dem Bezirk Eichstätt-Ingolstadt zugeteilt. Die bisher auf lokaler Ebene von den hiesigen Hausärzten organisierten Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden sowie an Wochenend- und Feiertagen wird es dann ab März 2018 in Schrobenhausen nicht mehr geben.




Diese Reform ist höchst umstritten. Ärzte und Bürgermeister befürchten eine Verschlechterung der Situation, wogegen die KVB argumentiert, dass die Aufrechterhaltung des Versorgungsauftrags vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der auch bei den diensthabenden Ärzten spürbar ist, nur durch diese Reform möglich ist.

Die Versammlung in Deggendorf brachte einige interessante Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass sich 82 Prozent der Bereitschaftsmediziner gegen diese Reform ausgesprochen haben. Der BFAV hat dazu im Oktober 15.000 Fragebögen verschickt, von denen zirka 1.400 beantwortet wurden. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt das gerne anders dar. In allen Veröffentlichungen, die ich bisher in den Fachjournalen gelesen habe, wird das neue System in den höchsten Tönen angepriesen. Kritische Töne findet man nicht.

Dagegen wurden in Deggendorf sehr viele Gründe aufgezählt und erläutert, warum das neue System eher nachteilig ist. Es würde den hier zur Verfügung stehenden Raum sprengen, diese Gründe alle aufzuzählen, aber ich habe fleißig mitgeschrieben. Zu kritisieren ist vor allem die defensive Informationspolitik der KVB in Richtung der Landräte und Bürgermeister. So war zu erfahren, dass für den Raum Ostbayern eine Informationsveranstaltung am Freitagabend des 29. September in Straubing stattgefunden hat, zu der zwei Tage vorher (!) eingeladen worden ist. Da an diesem Wochenende bereits eine Bürgermeisterdienstfahrt organisiert war, haben entsprechend wenige meiner Kollegen daran teilnehmen können.




Nun weiß ich informell, dass es eine weitere zentrale Veranstaltung in München am Freitag, den 15. Dezember (!) um 17:00 Uhr geben soll. Ich bin gespannt, wann die offizielle Einladung dafür kommt. Jedenfalls habe ich mir diesen Termin schon einmal vorgemerkt und ich werde mit einem ganzen Fragenkatalog angereist kommen. Denn seit ‚Deggendorf‘ bin ich auch davon überzeugt, dass die Umsetzung dieser Reform ein weiterer Schritt zur Schwächung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum darstellt, der auf keinen Fall hingenommen werden darf.

Eine Frage, die mich bis vor kurzem noch beschäftigt hat, ist in Deggendorf auch beantwortet worden. Nach der Veranstaltung kam ein Arzt auf mich zu und sagte mir: ‚Wundern Sie sich nicht, dass so wenige Hausärzte hier waren. Die haben alle Angst vor möglichen Repressalien seitens der KVB.‘ Ich bin empört, in welcher Form die KVB hier vorgeht, das ist nicht länger hinnehmbar!

Ihr Bürgermeister Karlheinz Stephan“